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Vortrag und Präsentation

»War is over«  oder  »Als der Frieden nach Verden kam…«

Do. 23. September 2021 um 19 Uhr

Aula des Domgymnasiums, Verden

Eintritt: kostenlos

Wir möchten Sie hiermit zu unserer Veranstaltung am Donnerstag, den 23. September 2021 ab 19:00 Uhr in der Aula des Domgymnasiums Verden.


Die Referenten, Andrea Lutter und Martin Drichel, sind Mitglieder des doz20 -Dokumentationszentrum Verden e.V.

»Verden (Aller) fiel nach stundenlangen schweren Straßen- und Häuserkämpfen in Feindeshand« verkündete der Wehrmachtsbericht vom 18. April 1945. Diese Nachricht war jedoch reinste Kriegspropaganda, denn unsere Stadt wurde kampflos von den britischen Truppen auf dem Vormarsch gen Bremen eingenommen!
Was geschah also wirklich im April 1945 in Verden? Wie erlebte die Bevölkerung diese Zeit der Besatzung? Und wie verhielten sich die britischen Truppen gegenüber den Verdenern? Diese Fragen werden Mitglieder des Dokumentations­zentrums DOZ 20 e.V. anhand von Zeitzeugenberichten beantworten. Viele – zum Teil unveröffentlichte – Fotos und Dokumente zeugen vom täglichen Überlebenskampf, dem Mangel an Wohnraum und der Suche nach Angehörigen, die in den Kriegswirren verschollen waren.
Doch auch die britischen Soldaten schildern ihre Ein­drücke von der Befreiung unserer Stadt! Lassen Sie sich von spannenden Details überraschen und lernen Sie neue Sichtweisen kennen.

Diese Veranstaltung wurde ursprünglich zum 75. Jahrestag der Befreiung Verdens geplant und wegen der Corona-Umstände um über ein Jahr auf diesen neuen Termin verschoben.

Andrea Lutter befasst sich seit einigen Jahren intensiv mit der Geschichte zur Befreiung Verdens durch die britischen Truppen. Mittlerweile verfügt sie über zum Teil einzigartige Zeitdokumente und Fotos in ihrer Sammlung und hat u.a. viele Kontakte zu ehemaligen britischen Soldaten aufgebaut. In Zuge ihrer Recherchen führte sie mit einigen Verdener Einwohnern Interviews über die letzten Tage des Krieges und dokumentierte auf diese Weise sehr intensiv die Lebensumstände der Bevölkerung. Was geschah also wirklich im April 1945 in Verden? Wie erlebte die Bevölkerung diese Zeit der Besatzung? Diese Fragen sollen im Vortrag »War is over« beantwortet werden.
Die Dipl.-Übersetzerin Andrea Lutter hat in Bezug auf die Städtepartnerschaft Verden – Saumur außerdem private und berufliche Interessen miteinander verknüpft und anlässlich des 50jährigen Partnerschaftsjubiläums in einer Veranstaltung des doz20 über die Historie dieser deutsch-französischen Freundschaft referiert.

Martin Drichel ist der regionalen Geschichtsforschung schon seit vielen Jahren eng verbunden. Der Sozialwissenschaftler bereitete seine Diplomarbeit seinerzeit zu einem spannenden Buch um: Unter dem Titel »Lewer dod as Slav« erschien dann 1988 das Buch zur Geschichte der November-Revolution 1918 in Verden. Im November 2018, passend zum 100. Jahrestag der revolutionären Ereignisse in Verden, wurden die Fakten von ihm und Hans-Werner Posdiech für das doz20 erneut aufbereitet bzw. aktualisiert und einem großen Publikum am Originalschauplatz in Verden vorgestellt.
Hauptberuflich leitet Martin Drichel eine Verdener Werbeagentur. Diesmal hat er die Präsentation zur Veranstaltung erstellt und führt die Zuschauer, gemeinsam mit Andrea Lutter, auf eine spannende Zeitreise zu jenen Tagen, als der Frieden nach Verden kam… Mit historischen Ton- und Filmclips sowie vielen, zum Teil unveröffentlichten, Fotos und Dokumenten unterstützt er sie bei ihrem Vortrag.
Die Lesung von emotionalen Zeitzeugenberichten übernehmen David Clements, Ruth Kahlke-Kuipers und Werner Lang.

Vortrag und Präsentation: »War is over«  oder  »als der Frieden nach Verden kam«

»Kriegsende in Verden: Tag der Befreiung oder Tag der Besatzung?«

17. April 1945: »Am Tag, als der Frieden nach Verden kam« aus Sicht der Verdener Bevölkerung
Ausgangsbeschränkungen, kein Schulunterricht, keine Veranstaltungen, keine Vereinsaktivitäten, die Geschäfte geschlossen, manche Lebensmittel rationiert oder gar nicht erhältlich: wir sind im September 2021, aber wer das 80. Lebensjahr überschritten hat, wird sich daran erinnern, dass die Situation vor über 75 Jahren nicht anders war. Nur – damals fielen Bomben, die Bevölkerung verbrachte die Nächte im (Luftschutz-)Keller oder war aufs Land geflohen, Lebensmittel wurden gegen Marken ausgegeben, die Wasser-, Strom- und Gasversorgung war oftmals komplett unterbrochen und nach dem 16. April 1945 erschien monatelang keine Zeitung. Ein kurzer Rückblick auf die letzten Kriegstage: Hätten der NDSAP-Kreisleiter Ernst Brändel und die militärische Führung ihre Befehle vom 8. April 1945 durchgesetzt, wäre die „Festung Verden“ bis zum letzten Mann verteidigt worden, eine große Katastrophe für die Stadt und die Bevölkerung.

17. April 1945: »War is over« aus Sicht der Britischen Soldaten
Befreit – besetzt – beschlagnahmt: Mit tief gemischten Gefühlen sah die Bevölkerung nun nach den Kriegsjahren in die Zukunft. Angesichts von unzureichender Versorgung mit Lebensmitteln und dem Mangel an Wohnraum galten die Sorgen vorrangig dem täglichen Überlebenskampf und der Frage nach dem Verbleib der Familienangehörigen, zu denen die Verbindung durch das Kriegsgeschehen abgebrochen war. Manch einer hatte durch die Flucht alles verloren. Viele Verdener fühlten sich durch die britische Militärregierung, die nun den Alltag bestimmte, bevormundet und somit „besetzt“. Am 18. April wurde die Stadt im Verdener Rathaus offiziell an den britischen Kommandanten übergeben. In den kommenden Tagen durften die Verdener ihre Häuser nicht verlassen, dann regelte eine Bannmeile von anfangs 5 km, später 30 km den Bewegungsradius. Die Landbevölkerung benötigte Passierscheine, um in die Stadt zu gelangen. Mit Ausnahme der Lebensmittelgeschäfte waren alle Verkaufsstellen geschlossen.
In erster Linie galt es aus Sicht der Besatzungsmacht, Ruhe und Ordnung zu bewahren und die Ernährung der Bevölkerung zu sichern – eine schwierige Aufgabe in Anbetracht des großen Zustromes durch Evakuierte aus den zerbombten Großstädten, Flüchtlinge und Vertriebene. Die Militärregierung regelte nun den Alltag mit einer Vielzahl von Verordnungen, Verboten und Einschränkungen.