Themenabend und Ausstellung
»Gehorsam, Widerstand, Sippenhaft«
General Walther von Seydlitz-Kurzbach und seine Familie in Verden
Fr. 9. September 2022 um 18 Uhr
Aula – Gymnasium am Wall
Themenabend »GEHORSAM WIDERSTAND SIPPENHAFT«
Von Seydlitz war die längste Zeit seines Lebens kein Demokrat. Er machte im monarchischen Preußen und unter Adolf Hitler Karriere, wohl nicht zuletzt aufgrund seiner adligen Herkunft. Er ignorierte die Greueltaten der nationalsozialistischen Diktatur und beschränkte sich auf seine Rolle als Militär.
Verlegung der Stolpersteine von Walther von Seydlitz-Kurzbach und seiner Familie
Die Stolpersteinverlegung für die sechs Familienmitglieder von Seydlitz im Beisein von Lili Nalovi, Wolfgang von Dallwitz und weiteren Angehörigen der Familie.
»Bad Sachsa« Ausstellung in der Aula des Gymnasiums am Wall
»Unsere wahre Identität sollte vernichtet werden«
Eine Ausstellung der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Zusammenarbeit mit der Stiftung 20. Juli 1944 und der Stadt Bad Sachsa über die nach dem 20. Juli 1944 nach Bad Sachsa verschleppten Kinder.
Dr. Hans-Jörg Volkmann: Seit Zeiten des Friedrich des Großen waren die von Seydlitz als herausragende Feldherren bekannt und hoch verehrt. Walther von Seydlitz reiht sich in diese Reihe ein. Er kämpft im ersten Weltkrig, wird 1915 zum Oberleutnant befördert und 1917 zum Hauptmann. Als einziger Offizier seines Regiments wird er in die neue Reichswehr übernommen. Anfang 1933 tritt Major von Seydlitz seinen Dienst in der traditionsreichen Garnisonsstadt Verden an. Bis 1956 verlebt die Familie 23 wechselvolle Jahre in Verden.
Ulrich Hennies: Der von Hitler mehrfach ausgezeichnete General Walther von Seydlitz-Kurzbach wird nach der Katastrophe von Stalingrad zu Hitlers erbittertem Gegner. In der sowjetischen Kriegsgefangenschaft wird er zu einem führenden Mitglied des militärischen Widerstands. Nach seiner Heimkehr in die Bundesrepublik 1955 wird er von vielen aber nicht als Widerstandskämpfer anerkannt, sondern als »Verräter« geächtet.
Hermann Deuter berichtete über die Zeit des von Seydlitz in Verden (1933 – 1939). In diesen Jahren stand Walther von Seydlitz loyal zum diktatorischen NS-Regime. Als Vorsitzender des Verdener Schleppjagd-Reitvereins und Initiator der Verdener Zehntageturniere (1935-1939) erwarb sich von Seydlitz herausragende Verdienste für die Stadt Verden.
Der Vortrag von Andrea Lutter »Sippenhaft für die Familie von Seydlitz« zeigt das bislang nur wenig dokumentierte Schicksal der Familie während der Kriegs- und Nachkriegszeit in Verden auf. Seine Ehefrau und die vier Töchter wurden ebenfalls Opfer des NS-Regimes und kamen in Sippenhaft. Auch sie litten unter dem Stigma des »Verräters«.
Das Fazit von Adrian Brozek behandelte das politische Selbstverständnis des Walther von Sedlitz. Wann erkannte er das hohe Gut der Demokratie? Erst in Stalingrad, seines Status beraubt, eingesperrt und als Befehlshaber gescheitert, blickt er zurück und beschließt, sein Leben dem Widerstand gegen Hitler zu widmen und benennt die Demokratie als beste aller Staatsformen. Wegen seines Kampfes gegen Hitler wird er zum Tode verurteilt und weil er sich dem Paktieren mit Stalin verweigerte, erließ auch Russland ein Todesurteil gegen ihn, umgewandelt in langjährige Haftstrafen. Aus heutiger Sicht hätte von Seydlitz früher Widerstand gegen das faschistische Regime leisten müssen. Er hätte, um die Vernichtung der Juden und anderer Gruppen wissend, all seine Orden abstreifen und sich dem Widerstand anschließen müssen. Heute würde von Seydlitz mit Entsetzen auf den menschenverachtenden Krieg Russland gegen die Ukraine blicken. Und er würde mit all seinen Fähigkeiten die Demokratie, den Rechtsstaat, gegen Putins Reich verteidigen und für den Erhalt der Demokratie in Europa kämpfen.
Broschüre
Die doz20-Broschüre »Gehorsam, Widerstand, Sippenhaft« befasst sich mit dem Leben, der Gefangenschaft und dem politischen Selbstverständnis von General Walther von Seydlitz-Kurzbach und seine Familie. Die hochinteressanten Beiträge sind das Ergebnis der Regionalhistoriker des Dokumentationszentrums und werden auf insgesamt 52 Seiten publiziert. Es kommen bislang unveröffentlichte Materialien und Bilder zum Einsatz, die den doz20-Autoren auch aus dem Privatarchiv der Familie von Seydlitz zur Verfügung gestellt wurden. Die Broschüren im DIN A4-Format sind in Verdener Buchläden bzw. direkt vom Dokumentationszentrum käuflich zu erwerben.
Die Autoren sind: Dr. Hans-Jörg Volkmann, Hermann Deuter, Ulrich Hennies, Andrea Lutter und Wolfgang von Dallwitz.
Gestaltung: readymade Werbeagentur
Herausgeber: Dokumentationszentrum Verden im 20. Jahrhundert e.V. (doz20)
Schutzgebühr: € 5,00