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Große Straße 76

Rosette und Paul Jonas, Hans Jonas, Margot Jonas

Wir arbeiten zurzeit noch an der Ausarbeitung dieser Biografie mit vielen weiteren Bildern und detaillierten Informationen.

Rosette (geb. Rothenberger, Jg. 1875) und Paul Jonas (Jg. 1868) meldeten sich aus Hameln kommend 1900 in Verden an. Hier übernahmen sie das Schuhwarengeschäft Feist. Sie hatten vier Kinder: Alfred (Jg. 1900), Hans (Jg. 1906), Margot (Jg. 1911) und Herbert (Jg. 1917).
1936 musste ihr Geschäft wegen boykottbedingter Zahlungsunfähigkeit zwangsversteigert werden. Eltern und Tochter meldeten sich 1937 nach Hannover ab. Sie wohnten seit 1941 in wechselnden »Judenhäusern« und wurden 1942 in das Altersghetto Theresienstadt deportiert. Dort ist der 75-jährige Paul Jonas am 20.02.1944 an Entkräftung gestorben. Die Leidenswege seiner Ehefrau und seiner Tochter endeten im Vernichtungslager Auschwitz.

Die Söhne überlebten. Der 1936 nach Rostock verzogene Hans Jonas wurde in der Pogromnacht verhaftet und in das Zuchthaus Alt-Strelitz eingewiesen und erst am 02.12.1938 entlassen mit der Auflage auszuwandern. Ihm gelang 1939 die Emigration nach Bolivien.

Familie Jonas

Hans Jonas

Hans Jonas wurde am 14.09.1906 in Verden geboren. Seine Eltern waren Paul Jonas und Rosette Jonas, geb. Rothenberger. Er hatte drei Geschwister: Alfred (Jg. 1900), Margot (Jg. 1911) und Herbert (Jg. 1917).1 Seine zuvor in Hameln wohnenden Eltern hatten sich am 10.09.1900 in Verden angemeldet und in der Großen Straße 80 ein Schuhwarengeschäft eröffnet.

Hans Jonas meldete sich nach achtjähriger Pflichtschulzeit am 30.03.1921 nach Vlotho/Weser  ab, um dort eine kaufmännische Lehre  zu absolvieren. Er kehrte 1922 nach Verden zurück2 und trat als Handlungsgehilfe in das väterliche Geschäft ein.

Er war befreundet mit dem gleichaltrigen Hans Hildesheimer, der schon 1933 geflüchtet war. Auf Hans Jonas‘ Einwohnermeldekarte ist nachträglich für den März 1934 vermerkt: „Unabgemeldet  nach Frankreich verzogen“. Schriftverkehr und Fluchtrouten wurden geheimpolizeilich überwacht, Listen angefertigt. Auf der Nachtragsliste „der bekannt gewordenen Emigranten aus der Stadt Verden“ vom 15.09.1934 findet sich folgende Bemerkung: „J. ist durch den in Frankreich aufenthaltsamen Handl.-Geh. Hildesheimer (…) bewogen, sich nach Frankreich zu begeben. Von beiden muss angenommen werden, dass sie sich als Flüchtlinge ausgeben und gegen Deutschland arbeiten.“

Im Gegensatz zu Hans Hildesheimer kehrte Hans Jonas nach Verden zurück, und zwar am 21.12.1934. Auf der Suche nach Arbeit begann ein unstetes Leben. Seine nächsten Stationen waren Helmstedt und Rostock. Dort wurde er in der Pogromnacht vom 09./10.11.1938 verhaftet und schon einen Tag später in das Zuchthaus Alt-Strelitz überführt und erst am 02.12.1938 entlassen.

Zur Auswanderung genötigt und ausgestattet mit einem Visum, das ihm Verwandte beschafft hatten, emigrierte er Anfang 1939 nach Bolivien, wo er sich einer Theatergruppe als Schauspieler, Dekorateur, Bühnenmeister und Inspizient zugleich anschloss, die 1951 in  Montevideo gastierte. Dort endete auch sein Theaterengagement. Er wurde depressiv und setzte am 19.07.1951 seinem Leben ein Ende, wie es in einem von Hans Hildesheimer überlieferten, undatierten Nachruf in einer deutschsprachigen südamerikanischen Zeitung heißt: „Vielleicht waren es die Jahre im Konzentrationslager, die ihn trotz aller zurückhaltenden Liebenswürdigkeit so menschenscheu gemacht hatten. Er war sehr allein (…). Ein hilfsbereiter, bescheidener Mann hat unseren Kreis so leise verlassen, wie er in ihn getreten war.“

Quellen:

  • Stadtarchiv Verden: Rep.III Pascheberg-Akten Nr.14
  • Buddrus, Michael / Fritzlar, Sigrid: Juden in Mecklenburg 1845 -1945, Lebenswege und Schicksale, Ein Gedenkbuch, Bd. 2, Kurzbiografien, Schwerin 2019, S.64
  • Aus dem Nachlass des schließlich nach Südamerika geflüchteten Hans Hildesheimer, zur Verfügung gestellt von dessen Tochter Silvia Zimmermann, geb. Hildesheimer (Sao Paulo). Anmerkung zum Zeitungstext: »Jahre im Konzentrationslager« sind weder in Verdener noch in Rostocker Archivalien nachweisbar.
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