Ilse-Lotte Stern wohnte ungewöhnlicherweise bis zur Deportation bei ihren Eltern, zunächst in der Busestraße 10, ein knappes Jahr später im Philosophenweg 5, ehe die Familie schließlich noch am 01.11.1941 in das sog. „Judenhaus“ Elsasser Straße 114 eingewiesen wurde. Unter dem Datum des 17.11.1941 findet sich der handschriftliche Zusatz (im Original abgekürzt): „Aufgabe der jüdischen Wohnung“. Das „Judenhaus“ wurde offensichtlich aufgelöst. 14 Bewohner wurden am 18.11.1941 nach Minsk deportiert. Über das, was sie in Minsk erwartete, berichtete der Holocaust-Überlebende Richard Frank aus Bremen: „Einige Tage vorher bekamen wir von der damaligen Gestapo den Bescheid, dass
wir uns mit Gepäck in einer Schule in Bremen zum Abtransport einzustellen haben. Wohin, war uns unbekannt. Wir mussten von der Schule dann in geschlossener Formation mit Gepäck zum Bahnhof marschieren und wurden dort in einen bereitstehenden Zug verladen. Die Fahrt dauerte 4 – 5 Tage und endete in Minsk (Weißruthenien). Dort sorgte lettische SS für unseren entsprechenden Empfang, der aus Kolbenhieben und Schimpfworten bestand. Wir mussten uns wieder aufstellen und marschierten zum Ghetto. Dort mussten wir bei strenger Kälte einen Tag und eine Nacht frei verbringen. Da in dem Ghetto vorher eine Vernichtungsaktion stattgefunden hatte, mussten diese Räume erst gesäubert werden und hierfür wurden aus unseren Reihen Männer und Frauen ausgesucht. Nachdem dieses stattgefunden hatte, konnten wir unser Quartier beziehen. Großzügigerweise wurde jede Person mit 1 ½ qm bedacht. Die Verpflegung bekamen wir aus der Gemeinschaftsküche Selbige war schlecht und bei weitem nicht ausreichend. Dann wurden wir zu Arbeitskolonnen eingeteilt. Die Arbeit war sehr schwer und es wurde viel von uns verlangt. Auch bei den Frauen nahm man bei der Arbeit keine Rücksicht.“ Eine Gruppe von ca. 60 Bremerinnen soll sogar die Massenexekutionen am 28./29.07.1942, nicht aber die endgültige Auflösung des Ghettos im Oktober 1943 überlebt haben. Der aus Bremen stammende Kurierfahrer G. Eggers entdeckte sie bei der Ausführung eines Auftrags im Keller eines Gebäudes der Besatzer. Sie sortierten Kartoffeln. Für die ihm heimlich zugesteckten Lebenszeichen gab es in Bremen keine Adressaten mehr. Wer dem Hunger- oder Kältetod und der „Vernichtung durch Arbeit“ entging, wurde erschlagen, vergast, erschossen.
Die Mordgier der SS- und SD-Schergen kannte keine Hemmschwellen, wie der Prozess gegen den „Henker“ und „Schießer“ von Minsk Adolf Rübe ergab, der als SS-Hauptscharführer dem Ghetto-Kommandanten SS-Hauptsturmführer Otto Müller direkt unterstellt war, als Aufsichtsleiter des Ghettos seit 1942 für den Arbeitseinsatz, seit 1943 auch für die Bewachung zuständig war und zuletzt dem sog. „Enterdungskommando“ 1944 angehörte. Dieses sollte vor der anrückenden Roten Armee die Spuren der Massenmorde beseitigen. Wann, wie und wo konkret, ob gemeinsam oder getrennt Rosa, Max und Ilse-Lotte Stern starben, kann nicht festgestellt werden. Deshalb muss das, was im Bremer Erinnerungsbuch stichwortartig vermerkt ist, letztlich so stehen bleiben: „gest. 28.07.42 – Minsk – ermordet“.