Skip to main content

Mühlentor 21

Mathilde Rappe

Mathilde Rappe (Jg. 1907) erkrankte im ersten Lebensjahr an Kinderlähmung. Der Vater, ein Zigarrenarbeiter, verstarb kurz nach ihrer Geburt.

Mit fünf Jahren kam sie in ein Heim in Bad Rehburg und wurde nach sieben Jahren in die Heilanstalt nach Rotenburg verlegt. Die Diagnose lautete: »Totalverkrüppelung, kein Schwachsinn«.

Die Krankenakte verzeichnet 1940: »Liegt dauernd tagsüber im Liegestuhl. Psychisch recht frisch u. für alles interessiert. Spricht nur sehr schlecht. Körperlich sonst o. B.«

1941 wurde die Vierunddreißigjährige, zusammen mit 22 Frauen und drei Männern, im Rahmen der »Wilden Euthanasie« in die Heilanstalt Kaufbeuren verbracht. Mathilde und viele der anderen verlegten Kranken erhielt »Entzugskost«, die zum langsamen Verhungern führte. Am 3.02.1944 verstarb sie an »Grippe mit Beteiligung der Atmungsorgane«.

Die Mutter von Mathilde Dora Röhr (verw. Rappe) erhält nach dem Tod ihrer Tochter deren Habseligkeiten zurück.

Quellen:

  • Stadtarchiv Verden: Rep. III, „Pascheberg-Akten“ Nr. 14 ff
  • Stadtarchiv Verden: Rep. II Schule H I, 5,1 und 5,2
  • Stadtarchiv Verden: Alte Meldekartei, Adressbücher 1904, 1910, 1922, 1927, Einwohnerbuch 1934
  • Nds. Staatsarchiv Stade: Rep. 86 Verden Nr. 17 (Gefangenenbuch des Landgerichtsgefängnisses Verden)
  • Staatsarchiv Bremen: 4,54 – E 10196 (Entschädigungsakten)
  • Staatsarchiv Bremen: 4,82/1 Einwohnermeldekartei, 1. Schicht
  • Archiv des Domgymnasium Verden: Schülerhauptverzeichnis, Klassenbücher 1931/32 ff
  • (ehemaliges) Fotoarchiv Troue: Foto-Nr. 1925
  • Staatsarchiv Bremen (Hg.) »…sind Sie für den geschlossenen Arbeitseinsatz vorgesehen…« »Judendeportationen« von Bremerinnen und Bremern während der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, Kleine Schriften des Staatsarchivs Bremen, H. 36, Bremen 2006
  • Staatsarchiv Bremen (Hg.): Erinnerungsbuch für die als Juden verfolgten Einwohner Bremens, die während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wegen ihrer Zugehörigkeit zur jüdischen Glaubensgemeinschaft oder nach den Kriterien der nationalsozialistischen Rassegesetzgebung als Juden verfolgt wurden. Kleine Schriften des Staatsarchivs Bremen, H. 37, Bremen 2006
  • Haag, Christian: Das Schicksal der jüdischen Bürger Verdens unter dem Nati-onalsozialismus, Bibliothec Gymnasii Verdensis, Verden 1991 (maschinen-schriftlich 1965)
  • Weidemann, Jürgen: Novemberpogrom 1938 – »Kristallnacht« in Verden, Verden o.J. (1988)
  • Verdener Neueste Nachrichten vom 10.11.1938 (»Die Trauerkunde löste tiefste Empörung aus«)
  • Verdener Nachrichten vom 17.05.1985 (Erlebnisbericht von Uri Bustan)
  • Verdener Nachrichten vom 18.11.1991 (Weidemann, J: Vor 50 Jahren: Juden ins Ghetto Minsk deportiert)
  • Verdener Nachrichten vom 08.09.1993 (»Warum wohnen Sie nicht in Verden?«)