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Holzmarkt 10

Luise und Julius Baumgarten, Martha Baumgarten, Gertrud Jakobsohn

Julius Baumgarten (Jg. 1851) war der älteste Sohn des Firmengründers Salomon Baumgarten und seiner Ehefrau Martha, geb. Marbe. Julius Baumgarten übernahm das Produktwarengeschäft seines Vaters. Die Lagerräume z.B. für Altmetall und Tierfelle befanden sich in der Großen Straße 29 mit Zugang von der Stifthofstraße. Seine Ehefrau Luise (geb. Jakobsohn) stammte aus Graudenz/Westpreußen. Zur Hausgemeinschaft gehörte auch ihre Schwester Gertrud Jakobsohn. Sie wohnten am Holzmarkt zur Miete. Das Haus wurde 1939 zum »Judenhaus« deklariert.

Das Ehepaar hatte zwei Kinder: Siegfried (Jg. 1918) und Martha (Jg. 1921.) Während Siegfried 1939 die Flucht über Frankreich in die USA gelang, wurde Martha, die auf der Suche nach Arbeit seit 1937 mehrfach den Wohnort wechselte, zusammen mit ihren Eltern und ihrer Tante in die »Hölle von Minsk« deportiert. Als Todesdatum gilt der 28.07.1942. An diesem Tag begannen im nahe gelegenen Maly Trostinez die Massenexekutionen.

Luise Baumgarten

Julius Baumgarten

Das Geschäfts- und Wohnhaus der alteingesessenen jüdischen Verdener Familie Baumgarten befand sich in der Großen Straße Nr. 29. Vor dem Neubau der Verdener Synagoge am Johanniswall im Jahre 1858 hatte die Verdener jüdische Gemeinde hier ihren Sitz und hielt hier auch ihre Gottesdienste ab.

Anfang 1933 gab es in diesem Haus zwei Geschäfte der Baumgartens: Ein Schuhgeschäft von Paul und Clara Baumgarten. Im Hinterhof befand sich ein Fell- und Altmetallwandel von Julius und Luise Baumgarten. Beide Brüder waren Eigentümer der Immobilie, Julius wohnte jedoch mit seiner Frau Luise in einer Mietwohnung am Holzmarkt Ebenfalls in diesem Haus Nr. 29 wohnte der jüngste Bruder Arnold Baumgarten, der mit seiner Ehefrau Agathe nebenan im Haus Nr. 31 in angemieteten Räumlichkeiten ein Geschäft für Trikotagen, Wollwaren, Schürzen und Wäsche betrieb. Ihr Spezialgebiet war die Herstellung und Reinigung von Federbetten.

Das Schuhgeschäft von Paul und Clara Baumgarten musste vermutlich schon 1936 aus wirtschaftlichen Gründen schließen. Auch eine neu gegründete Agentur hielt sich nicht. Das Wäschegeschäft von Arnold und Agathe Baumgarten in der Nr. 31 und der Fell- und Altmetallhandel von Julius Baumgarten im Hinterhof von Nr. 29 bestand dagegen bis 1938.

Ab dem 10. November 1938 war das Wäschegeschäft von Arnold und Agathe Baumgarten zwangsweise geschlossen. Das Geschäftsinventar musste verkauft werden. Auch der Fell- und Metallhandel von Julius Baumgarten im Hinterhof wurde zwangsweise geschlossen.
Julius und sein Bruder Paul mussten bald auch das ganze Haus Nr. 29 verkaufen.

Alle drei Ehepaare Baumgarten wurden im November 1941 nach Minsk deportiert und dort ermordet.

Die Söhne Werner und Gerhard Baumgarten (Uri und Josef Bustan) schafften 1938 die Emigration nach Palästina. Siegfried Baumgarten, Sohn von Julius und Luise, floh 1939 nach Frankreich und schaffte es später in die USA.

Werner Baumgarten (Uri Bustan) nahm in den Jahren 1989, 1993 und 1997 an den Treffen der Stadt mit den ehemaligen jüdischen Mitbürgern teil. Er besuchte auch später noch häufiger Verden, unterhielt zu mehreren Verdener Familien enge Kontakte (Eckermann und Krippendorf) und engagierte sich auch als Zeitzeuge für Verdener Schulen und wurde 2010 mit der Verdienstmedaille der Stadt Verden ausgezeichnet. 2015 ist er im Alter von 95 Jahren in Israel gestorben.

Quellen:

  • Auszug aus: Stadtrundgang Hermann Deuter, 9. November 2022
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